Zentrum Hernals – Eine Passage mit Erfolg

Ladenpassagen waren einst eine erfolgreiche Vorstufe für die in Europa etwa Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Warenhäuser und somit auch die Vorläufer für den heute vorherrschenden Bautyp des Einkaufszentrums. Mit der verstärkten Ausbreitung der Warenhäuser und Shopping Malls verloren die Passagen naturgemäß immer mehr an Bedeutung. Sofern überhaupt noch vorhanden, haben die meisten heute einen schweren Stand und sind für gewöhnlich wenig erfolgreiche Immobilien. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel wie etwa das Zentrum Hernals in Wien, das sich diesem Negativtrend ziemlich erfolgreich widersetzt.

57.000 BesucherInnen wurden in einer durchschnittlichen Woche Ende September 2012 gezählt. Für ein sehr kleines Einkaufszentrum, das trotz 24 Shops und einem Kindergarten einen erstaunlichen Branchenmix bietet, ist das eine erstaunlich hohe Zahl. Der Schlüssel zum Erfolg liegt ist hier in der optimalen Positionierung der Immobilie zu finden.

Jenseits des Knochenprinzips

Die klassische Anlage nach dem Knochenprinzip, also die Gestaltung der Laufwege durch Magnetbetriebe, ist in Passagen nicht möglich bzw. nicht notwendig. Wer den direkten Verbindungsweg von Eingang zu Eingang nützt, kommt zu keinen fixen Endpunkten innerhalb der Passage, sondern geht im Regelfall bei einer Seite hinein und bei der anderen Seite wieder hinaus. Im Zentrum Hernals wurden die großflächigen Betriebe im rückwärtigen Teil untergebracht. Mit einer maximalen Distanz vom stärksten Eingang am Elterleinplatz.

Dort werden auch die meisten Eintritte beim Elterleinplatz verzeichnet (in der Darstellung unten), aber auch die anderen beiden Oberflächeneingänge weisen eine ähnlich starke Frequenz auf. Das klassische Passagenprinzip wurde im Zentrum Hernals in einer T-Form umgesetzt und verbindet so den Elterleinplatz als zentrale Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs mit den rückwärtigen Wohngegenden und Arbeitsplätzen. In der Mitte sorgt ein überdachter und lichtdurchfluteter Platz für Aufenthaltsqualität.

Stadtteilzentrum mit Nahversorgerqualitäten

Wie bei dieser Größe nicht anders zu erwarten, setzt das Zentrum Hernals auf Nahversorgung. Die Bestätigung geht aus den Daten der BesucherInnen nach Wochentagen hervor. Während der Montag mit 12.000 BesucherInnen die besten Werte erreichte, fiel diese Zahl am Samstag auf die Hälfte. Nur starke Einkaufsstätten mit einem breiten Angebot können sich auch am Wochenende behaupten. Dass die Passage aber nicht nur als wettergeschützter Durchgang genutzt wird, zeigt sich auch an der BesucherInnenstruktur. Der Anteil der Frauen entspricht mit über 60% der üblichen Geschlechterrelation, wie sie auch in Geschäftsstraßen gemessen wird. Die städtische Frequenz, besonders auch in der Nähe des öffentlichen Verkehrs ist in etwa ausgeglichen. Auch die Stundenauswertung zeigt, dass die Frequenz in den Mittagsstunden am höchsten ist. Der Verlauf deckt sich etwa mit dem einer kleinen Bezirkshauptstadt in Österreich. Eine dominierende Altersschicht gibt es im Zentrum Hernals nicht. Auch die SchülerInnen kommen nach dem Unterrichtsende in das Zentrum und sorgen für eine gute Altersdurchmischung. Gerhard Langer, der das Centermanagement im Namen der EKAZENT über hat: „Das Zentrum Hernals ist Mittelpunkt für die umliegende Wohnbevölkerung. Die Identifikation ist sehr hoch und die familiäre Atmosphäre sorgt für Zufriedenheit bei den Bestandnehmern und BesucherInnen gleichermaßen.“

Baukonzept mit Zukunft?

„Passagen sind zwar die Dinosaurier unter den Geschäftslagen, aber auch in der Tierwelt haben die Echsen bis heute erfolgreich überlebt.“ Christian Schaffner, der für die Studie über das Zentrum Hernals die Zahlen beurteilte, sieht in der Umsetzung im Zentrum Hernals Zukunftspotenzial. „Die Faktoren Erreichbarkeit, Laufwege und angepasster Branchenmix sind für die Lage optimal umgesetzt. So können Passagen funktionieren.“